
Familie und Ehe
Die Stiftung für Familienwerte setzt sich seit ihrer Gründung für bessere Rahmenbedingungen für unsere Familien ein. Die Ehe als Grundlage einer festen Beziehung und als wichtige Voraussetzungen für ein gutes Gedeihen unserer Kinder liegt uns besonders am Herzen. Die klassische Familie wird, wenn auch medial völlig vernachlässigt, von jungen Menschen als erstrebenswertes Lebensmodell gewünscht und gelebt. Leider unterstützt auch die Politik dieses wichtige Anliegen kaum.
Mit überwältigender Mehrheit (62 % Insa Familien Studie 2022 ) werden Kinder bei ihren miteinander verheirateten Eltern groß. Dieser Wert zeigt, dass die derzeit veröffentlichte Meinung nicht immer etwas mit der Wirklichkeit zu tun hat.
„Kinder brauchen Zeit mit ihren Eltern und Geschwistern, damit sie sich selbst kennen- und verstehen lernen. Eine wichtige Voraussetzung für ein gutes Gelingen im späteren Leben ist Bindungsfähigkeit zu entwickeln. Liebe und Geborgenheit sind wichtige Bausteine für ein stabiles Fundament“.
Sylvia pantel, Stiftung familienwerte
Gerade für die eigene spätere Partnerschaft ist die erlebte Bindungserfahrung am Vorbild der Eltern eine wichtige Grundlage. Der Staat ist laut Grundgesetz Art. 6 zum Schutz von Ehe und Familie verpflichtet, doch leider vernachlässigt der Gesetzgeber seinen Schutzauftrag und junge Ehepaare oder Eltern merken nur noch sehr wenig davon. Derzeit spricht man eher von der Abschaffung des Ehegattensplittings oder der Familienmitversicherung. Außerdem wird die Fremdbetreuung sehr stark bezuschusst und die Betreuungs- und Sorgearbeit der eigenen Familie findet wenig Anerkennung und finanzielle Unterstützung. Dabei profitiert der Staat erheblich davon, wenn Eheleute eine Verantwortungsgemeinschaft und damit eine Versorgungs-und Sorgeverpflichtung eingehen, die auch die nächste Generation prägen.

Notwendig sind ideologiefreie Untersuchungen der Familiensituation, nicht zum Beispiel Erhebungen wie den Einsamkeitsbericht der ehemaligen Regierung, der den Begriff Familie nicht einmal erwähnt. Auch scheint die weise Erkenntnis – starke Eltern, starke Kinder – politisch in Vergessenheit geraten zu sein. Auch die Tatsache, dass Kinder in jeder Hinsicht die Kümmerer und diejenigen sind, welche die Gesellschaft aufrecht erhalten.
Wir sehen als Stiftung keine Bemühungen, die negativen Gründe für die demographische Schieflage zu beheben. Es fehlt an Familienförderung, es fehlt an Initiativen, die jungen Erwachsenen den Wert von liebevoller Ehe und dem Geschenk der Kinder vermitteln.
Die Vorstellung, Humankapital könne man sich aus dem Ausland holen wie ein beliebiges Konsumgut, geht ins Leere, was durch die allen bekannte Entwicklung hinreichend bekannt sein dürfte. Eine vernünftige Familienplanung des Staates mit entsprechenden Anreizen ist und bleibt unerlässlich.
Die Risiken, die bei einer zu frühzeitigen Kita-Betreuung bei Kleinkindern bestehen, werden unterschätzt. Untersuchungen belegen, dass eine zu frühzeitige Unterbrechung der Mutter-Kind-Bindung zu einem erhöhten Cortisolspiegel und potenziellen Gesundheitsschäden führen kann. Dies gilt vor allem, wenn die Betreuung ganztägig ist und es an liebevoller Zuwendung fehlt. Eltern und Entscheidungsträger sollten die Betreuungsdauer, den Betreuungsschlüssel und die emotionale Unterstützung für ein gutes Heranwachsen sorgfältig abwägen, um Stress zu minimieren. Weitere Forschung ist nötig, um die spezifischen Bedürfnisse von Kleinkindern besser zu verstehen. Leider steht das alles nicht auf der politischen Agenda und die Politik unterstützt nur die Forderung, dass Frauen, obwohl Mütter, wieder so früh wie möglich voll erwerbstätig sein sollen.
Ein Umdenken der Politik ist überfällig. Deshalb setzen wir uns als Stiftung auch für die Wahlfreiheit der Eltern ein. Es braucht Unterstützung, wenn diese Gesellschaft gedeihen soll.
Autor: Frau Sylvia Pantel, Geschäftsführerin der Stiftung für Familienwerte.


Bindung in Zeiten der KI
Bindung in Zeiten von Künstlicher Intelligenz – Ein Text von Andrea Heck
Bald werde ich einen runden Geburstag haben, deshalb habe ich mich auf die Suche nach einem guten Partyservice gemacht. Verblüfft war ich, als ich telefonisch Informationen suchte und mich eine sehr freundliche KI „Person“ mit extrem realistischer Stimme beruhigt hatte, weil ich offensichtlich verwirrt war, da ich plötzlich mit einer Machine gesprochen habe. Sie sagte in ruhiger Stimme: „Ich bin Laura, deine KI Assistentin, sprich einfach weiter…“.
In einer Welt, in der Künstliche Intelligenz zunehmend in unseren Alltag eindringt – von Sprachassistenten, schneller Assistent mit genauem Wissen bis hin zu virtuellen Beziehungstrainern – steht die Frage im Raum: Was bedeutet Bindung noch, wenn Technologie menschliche Nähe zu imitieren beginnt?
Für Esther Perel, eine meiner Lieblingsautorinnen zur Zeit, eine weltrenommierte Psychotherapeutin, ist Bindung kein rein funktionales Band, sondern eine dynamische, emotionale Verbindung, die auf echter Begegnung, Verletzlichkeit und gegenseitigem Wachstum beruht. Sie beschreibt die Liebe in Partnerschaften nicht als statischen Zustand, sondern als lebendigen Prozess zwischen zwei sich entwickelnden Menschen. Bindung lebt von Gegenseitigkeit, Spannung, Abhängigkeit und Autonomie – sie ist nie vollständig berechenbar oder kontrollierbar.
Künstliche Intelligenz bietet heute auf den ersten Blick Nähe: Sie hört zu, antwortet empathisch, erinnert sich, ist stets verfügbar. Doch diese Form von „Bindung“ ist einseitig. KI kann zwar Interaktionen simulieren, aber keine echte emotionale Gegenseitigkeit erzeugen – denn sie fühlt nicht, sie braucht nichts, sie riskiert nichts. Das bedeutet: Die emotionale Tiefe, die in echten Partnerschaften entsteht – mit all ihren Widersprüchen, Unsicherheiten und innerem Wachstum – ist mit KI nicht reproduzierbar.
Gerade in Partnerschaften, wo Bindung eine zentrale Rolle spielt, kann die Flucht in KI-gestützte Kommunikation oder virtuelle Nähe eine Vermeidung echter Intimität sein. Wenn ein Partner sich lieber einem Chatbot anvertraut als seinem Gegenüber, stellt sich die Frage: Schützt uns diese technologische Nähe oder birgt sie Gefahren – und was verlieren wir dadurch?
Esther Perel würde hier ansetzen: Nicht jede Verbindung ist automatisch Bindung. Wahre Bindung erfordert Präsenz, Bereitschaft zur Konfrontation und die Fähigkeit, Unsicherheit auszuhalten. KI kann ein Werkzeug sein – vielleicht sogar zur Reflexion oder Beziehungsbegleitung. Aber sie darf den Menschen nicht ersetzen.
Am Ende geht es in der Partnerschaft nicht darum, perfekt zu kommunizieren oder immer „verstanden“ zu werden – sondern darum, echt zu sein, mit allem, was dazugehört: Missverständnisse, Sehnsucht, Nähe, Rückzug und sich wiederfinden.
Was macht eine lebendige, echte und reife Partnerschaft zwischen Mann und Frau aus?
„Die Qualität deiner Beziehungen bestimmt die Qualität deines Lebens“, sagt Esther Perel. Diese Frau, die seit über 40 Jahren verheiratet ist und Paare in der ganzen Welt beraten hat (sie spricht neun Sprachen!) sagt etwas Grundsätzliches: Das ist unsere Zukunft: Bindungen zu festigen, Beziehungen zu pflegen. Die Liebe und die Beziehungen haben sich verändert durch die Isolierung der Menschen: „Wir wollen heute von einer einzigen Person all das, was früher ein ganzes Dorf geboten hat.“ – Liebe, Sicherheit, Abenteuer, Leidenschaft, Freundschaft, Tiefe, Heilung, Spiegelung… Das ist zu viel!
Sie nennt vier Elemente, die für eine moderne Beziehung wichtig sind: Spannung, erotische und emotioneller Intelligenz, Eigenständigkeit und Verletzlichkeit und gute und häufige Kommunikation:

1. Spannung
Eine gute Beziehung lebt von Spannung, nicht von Perfektion. Für sie liegt die Kraft einer Beziehung darin, wie zwei Menschen mit Unterschiedlichkeit und Veränderung umgehen – mit Nähe und Distanz, Vertrautheit und Fremdheit.
2. Erotische und Emotionale Intelligenz
Eine langfristige, lebendige Beziehung braucht Spannung – nicht nur Harmonie. Liebe sucht Nähe, Begehren braucht Raum. Sicherheit nährt die Beziehung, aber Faszination entsteht im Geheimnis, im „Anderssein“ des Anderen. Das darf lebendig bleiben, auch nach 60 Jahren Ehe.
3. Eigenständigkeit und Verletzlichkeit
Eine gesunde, anhaltende Beziehung bedarf zweier eigenständiger Menschen, die sich aus freier Wahl immer wieder füreinander entscheiden, die den anderen nicht besitzen, sondern lieben, ohne ihn kontrollieren zu wollen. Menschen, die sich selbst kennen und dem anderen mit Offenheit und Neugier begegnen. Neugierig sein und kreativ. Abenteuer zulassen und zusammen erleben ist notwendig.
4. Gute und häufige Kommunikation
Kommunikation ist mehr als Reden! Es geht nicht nur darum, über alles zu reden – sondern darum, wie man sich emotional verbindet.
Zuhören, sich gesehen fühlen, sich mit dem anderen aufrichtig auseinandersetzen – das schafft Intimität.

In einer Zeit, in der vieles digital ersetzt, automatisiert und simuliert werden kann, bleibt eines unersetzlich: Die echte, menschliche Bindung. Bindung ist mehr als Nähe – sie ist ein Versprechen, ein Raum des Vertrauens, in dem Intimität wachsen darf. Und Intimität – das ist nicht nur das Teilen des Körpers, sondern das Teilen des Innersten: Gedanken, Ängste, Sehnsucht, Stille.
Künstliche Intelligenz mag uns spiegeln, begleiten, erinnern. Aber sie kennt keine Unsicherheit, kein Zittern, keine wunde Stelle – und genau das sind oft die Momente, in denen wahre Verbindung entsteht.
Ich glaube, dass wir gerade heute – vielleicht mehr denn je – den Mut brauchen, uns wieder dem Unplanbaren der Beziehung zuzuwenden: Der echten Begegnung. Dort, wo wir uns zeigen dürfen, nicht perfekt, aber ganz. Denn nur dort wächst das, wonach wir uns im Tiefsten sehnen: Eine Bindung, die trägt, und eine Intimität, die heilt.
Die wahre Kunst der Bindung bleibt zutiefst menschlich: Sie lebt vom Risiko, vom Wagnis, vom Vertrauen. Und genau darin liegt ihre Schönheit.
Andrea Heck ist Stv. Vorsitzende des Stiftung für Familienwertes und Vorsitzende des Elternvereines NRW e.V. und im Vorstand von wertevollwachsen e.V.

Literaturquellen von Esther Perel: „Mating in Captivity: Unlocking Erotic Intelligence“ (2006)
„The State of Affairs“ (2017).
Deutsch: „Was Liebe aushält: Die Kunst der Vergebung“.