Kentlers emanzipatorische Sexualpädagogik beuhrt auf Missbraquch und fördert Missbrauch
Seit einigen Jahren geistert immer mal wieder der Name Helmut Kentler durch deutsche Medien. Wer ist Kentler eigentlich und was hat er getan?
Hedwig von Beverfoerde: Helmut Kentler war ein einflussreicher Psychologe und Sozialpädagoge. Er lebte von 1928 bis 2008, war offen homosexuell und ist heute vor allem für sein pädokriminelles „Kentler-Experiment“ bekannt. Mit Unterstützung des Berliner Senats und Berliner Jugendämtern hatte Kentler ab 1969 mehr als 30 Jahre lang Jungen aus prekären Verhältnissen ab sechs Jahren und jugendliche Straftäter gezielt bei pädosexuellen Männern untergebracht, von denen sie sexuell missbraucht wurden. Einige dieser Männer waren zuvor bereits wegen sexueller Kontakte zu minderjährigen Jungen im Gefängnis gewesen. Trotzdem bezeichnete eine Senatsmitarbeiterin das angebliche Resozialisierungsprojekt damals als „Glücksfall“, da auf diese Weise die Jungen weg von der Straße wären.
In den 60er- und 70er-Jahren galt Helmut Kentler als Star der Sexualerziehung. Damals begründete er die „emanzipatorischen Sexualpädagogik“, trat im Fernsehen und im Bundestag auf, genoss hohe Anerkennung und war bestens vernetzt. Als gerichtlicher Sachverständiger für Missbrauchsfälle erwirkte er für mehrere mutmaßliche Sexualstraftäter Verfahrenseinstellungen oder Freisprüche.
Wie wird Kentler heute beurteilt? Gibt es eine politische Aufarbeitung seines „Experiments“?
Hedwig von Beverfoerde: Da das „Kentler-Experiment“ vom Berliner Senat gefördert wurde und Kentler es sogar im Bundestag erwähnte, war es nie ein Geheimnis. Trotzdem blieb der große Skandal zu Kentlers Lebzeiten aus, obwohl es bereits frühe Warnungen gab, vor allem von Christa Meves und Alice Schwarzer. Die breite Öffentlichkeit erfuhr von den Verbrechen erst ab 2013 aufgrund mehrerer Medienberichte. 2017 wagten zwei der Opfer des „Experiments“ infolge einer Aufarbeitungsstudie den Schritt in die Öffentlichkeit. Dadurch wurden weitere Untersuchungen angestoßen. Dennoch verläuft der Aufarbeitungsprozess schleppend. Noch immer lagern im Keller der Berliner Senatsverwaltung rund 1000 ungesichtete Akten über den Fall. Noch immer werden – angeblich aus Datenschutzgründen – die Namen von Verantwortlichen und Mitwissern nicht genannt.
Immerhin ist jetzt bekannt, dass Kentler die Schlüsselfigur eines großen bundesweiten pädophilen Netzwerks war, zu dem „mächtige Männer“ sowie zahlreiche staatliche und wissenschaftliche Einrichtungen gehören. Dieses Netzwerk wirke bis in die Gegenwart, heißt es im Zwischenbericht einer aktuellen Studie der Universität Hildesheim, deren gesamte Veröffentlichung noch aussteht.
Eine weitere schockierende Tatsache brachte der Zwischenbericht ans Licht: Kentler, der drei Adoptivsöhne sowie einen Pflegesohn hatte, hat selbst Kinder sexuell missbraucht. Eines seiner Opfer hatte sich bei den Forschern gemeldet und erstmals berichtet, dass er und andere Kinder und Jugendliche in den 1970er Jahren in der Berliner Wohnung von Helmut Kentler lebten und dort „massiven Übergriffen und sexualisierter Gewalt durch Helmut Kentler selbst ausgesetzt waren.“ Kinder im Alter von 10 bis 14 Jahren habe Kentler als „seine Favoriten“ bezeichnet.
Diese haarsträubenden Erkenntnisse sollten Grund genug sein für Politik, Medien und Wissenschaft, die Aufarbeitung der Causa Kentler deutlich entschlossener und tiefgreifender voranzutreiben.
Sie sagen, Kentler sei der Erfinder der „emanzipatorischen Sexualpädagogik“. Was besagt diese Pädagogik?
Hedwig von Beverfoerde: In seinem Buch „Sexualerziehung“ von 1970 behauptet Kentler, Sexualität sei eine von Geburt an zu fördernde Fähigkeit, die wie Sprechen oder Laufen erlernt werden müsse. Jedes Kind habe ein Recht auf ein eigenes Sexualleben. Diese wissenschaftlich nicht fundierte These führt er in seiner Dissertation „Eltern lernen Sexualerziehung“ von 1975 weiter aus und stellt „Lernen durch Tun!“ als „Grundregel der sexualfreundlichen Erziehung“ auf. Demnach sollten Eltern sollten die sexuelle Betätigung ihrer Kinder pro-aktiv fördern.
Kentler transportiert damit die Postulate von Wilhelm Reich und Alfred Kinsey über die vermeintlichen „genitalen Rechte der Kinder“ in eine deutschsprachige Sexualerziehung. Es störte ihn auch keineswegs, dass die von Kinsey übernommene These von der „Sexualität des Kindes“ auf den Beobachtungen von Kinderschändern basierte. Diese hatten genau notiert, wie oft und wie lange die von ihnen „anhaltend“ und „wiederholt“ missbrauchten Kinder und Säuglinge zum Orgasmus gekommen seien.
Die „emanzipatorische Sexualpädagogik“ stammt also von einem Missbrauchstäter, beruht in ihrer Grundthese auf Missbrauch und fördert wiederum Missbrauch, da sie die natürliche Schamgrenze und damit den wichtigsten Abwehrmechanismus des Kindes zerstört.
Wie verbreitet ist diese Pädagogik heutzutage noch?
Hedwig von Beverfoerde: Kentlers „emanzipatorische Sexualpädagogik“ wird immer noch flächendeckend in Kindertagesstätten und Schulen angewandt und in Hochschulen gelehrt. Dafür hat der Pädagoge Uwe Sielert gesorgt, der in der Nachfolge von Kentler die „emanzipatorische Sexualpädagogik“ um die Gender-Ideologie ergänzte und so zur „Sexualpädagogik der Vielfalt“ weiterentwickelte.
Sielert hat seinem 1988 gegründete Institut für Sexualpädagogik (isp) und der Gesellschaft für Sexualpädagogik (gsp) eine Monopolstellung im deutschsprachigen Raum verschafft. Beide Einrichtungen sind an Universitäten präsent, arbeiten mit der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BzgA) zusammen und bilden Sexualpädagogen aus. Dabei beruft sich das isp ungeachtet der Erkenntnisse über Kentlers pädosexuelle Verbrechen weiterhin auf die „Tradition emanzipatorischer Sexualpädagogik“. Über die BZgA brachte Sielert deren Ansatz in die „Standards zur Sexualaufklärung in Europa“ der Weltgesundheitsorganisation (WHO) von 2011 ein. Der pädagogische Fokus auf sexueller Emanzipation und Enthemmung ist seitdem europäischer Standard.
Was können Eltern Ihrer Ansicht tun, wenn sie nicht damit einverstanden sind, dass ihr Kind mit dieser Pädagogik in Kita oder Schule konfrontiert wird?
Hedwig von Beverfoerde: Entscheidend ist, dass die Politik genötigt wird, die Sexualpädagogik von Kentler, Sielert & Co. konsequent aus Schulen, Kindertagesstätten, Bildungseinrichtungen sowie Lehr- und Bildungsplänen zu entfernen. Dafür braucht es Aufklärung und Protest! Zugleich dürfen Eltern die Präsenz dieser gefährlichen Pädagogik in den Kitas und Schulen ihrer Kinder nicht hinnehmen. Sie haben ein natürliches und grundgesetzlich garantiertes Recht auf die Erziehung ihrer Kinder und sollten darauf pochen. Daher empfehlen wir Eltern wachsam zu sein, sich mit gleichgesinnten Eltern auszutauschen, mit den Pädagogen und der Leitung zu sprechen und ihren Protest gegebenenfalls bis zur Schulbehörde zu tragen. Dabei kann es notwendig sein, daß sie ihr Kind seelisch auf solche Auseinandersetzungen vorbereiten. Eltern können mithilfe wertorientierter Materialien ihre Kinder sehr gut selbst zu Hause aufklären.